Ein Eintrag auf Englisch sollte das werden, jetzt nach reichlich viel gesprochenem Deutsch seh ich davon ab: Der Wechsel ist dem Fluss abträglich.
Africadian – eine Wortschöpfung von G.E. Clarke (und hier), die "African", "Canadian" und "Acadian" verwebt und und jetzt, nach achtzehn Jahren, gar Einzug in den Oxford Thesaurus gefunden hat. Sie verrät zugleich einen wesentlichen inhaltlichen Schwerpunkt der literarischen Produktion Clarkes: Die Positionsbestimmung der Afrokanadier, speziell der in Nova Scotia. Die Hybris der für Clarke miteinander unvereinbaren kulturellen (und sprachlichen) Wurzeln England und Frankreich (Clarke beansprucht für sich, nicht ausreichend gut Französisch sprechen, wohl aber lesen zu können), die eindeutig auf Europa ausgerichtete Sozialstruktur erschwerte den offenbar ungemein zergliederten afrikanischen "Communities", sich eigenständig, "native-africadian", zu äußern.
In Clarke haben sie eine Stimme gefunden. Was für eine! Beim Rezitieren bebt sein Körper und wiegt sich metrisch – der Einsatz erinnert an Poetry Slams, die allerdings gar nicht erst erfunden worden wären, wenn alle Dichterlesungen wie Clarkes ausfielen. Einzig die Inhalte sind anspruchsvoller und auch die "Machart" weitaus artifizieller. Clarke las im internationalen Club (leider keine Homepage) – neben drei unveröffentlichten Gedichten aus Whyla Falls, Illuminated Verses, Blue und Black sowie den Opern Quebecité und der Trudeau-Oper NN. Zu den gelesenen Opernpassagen wurde auch die Musik (DD NN) gespielt – gefällig, musicalartig, nicht mit europäischer Oper zu verwechseln.
Für den Europäer scheinen die Gedichte leicht, süffig – die Hermetik Klings oder Celans erfordert Mühe, lässt stets einen letzten Zweifel zurück, in jeder Passage, wegen des nie ganz erklärbaren Gesamtzusammenhangs. Clarks Gedichte erfreuen durch ihre teils eindeutigen Aussagen, die mit gutlautenden, teils irritierenden, Wortkombinationen ins Ohr gebracht werden und so die Auseinandersetzung mit den wenig hermitschen klaren politischen Inhalten ermöglichen. Das erinnert an Neruda ein wenig: ein Dichter, der anderen, anderen Anliegen, fern der Selbstexpressivität, seine Stimme leiht.
Sehr angenehm: Die Political Correctness, die in den Gesprächen vor und nach der Lesung gepflegt wurde, war von einer positiven Grundhaltung geprägt: Politisch korrekt sich verhalten, nicht um unangreifbar zu sein, sondern um anderen – ernsthaft bemüht – gerecht zu werden.
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