“das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit” (Hiram Johnson, 1914). Wann immer davon gefaselt wird, es müsse zurückgeschossen werden (z.B. um 05:45 Uhr), regt sich in mir innerer Widerstand: Weshalb ist es noch einmal nötig, Menschen staatlich legitimiert zu töten, Menschen aus ihrem Lebensraum zu vertreiben? Ginge das auch anders?
Kommuniziert werden dann Alternativlosigkeit, Schicksalshaftigkeit, die mich zu einem passiven Nudgee machen soll, der (das?) zum optimalen Denken nicht fähig ist und “herrschaftlicher” Anleitung bedarf.
Um mich generell selbstdenkend zu orientieren hilft mir einerseits die Erkenntnis, dass das, was wir heute “Public Relations” nennen, ursprünglich Propaganda hieß.
Zwar: wird heutzutage etwas als “Propaganda” in den Massenmedien oder z.B. der Wikipedia bezeichnet, dient dies normalerweise der Diskreditierung seiner Inhalte: Zu sehr ist die Assoziation an das “Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda” des Nationalsozialismus, an Agitprop oder an die Abteilung Agitation im Ministerium für Staatssicherheit des (International-)Sozialismus gebunden.
Tatsächlich leitet sich der Begriff von einer katholischen Institution, der Sacra congregatio de propaganda fide, der „Heiligen Kongregation für die Verbreitung des Glaubens“ ab, die 1622 ins Leben gerufen wurde.
Der wichtigste Begründer der “Public Relations”, Eduard Bernays, Neffe Sigmund Freuds, dessen Familie vor dem ersten Weltkrieg in die USA übersiedelte und der dort aufwuchs, versuchte, noch 1928, den durch die Kriegspropaganda des ersten Weltkriegs in Verruf geratenen Begriff “Propaganda” wiederzubeleben, was ihm aber misslang, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen mit den totalitären Systemen in Europa und Asien seit 1917. Bernays beschränkte sich seit 1945 deshalb ganz auf den Begriff “Public Relations”, den er synonym verwendete.
Immerhin stellte er die beiden grundlegenden praktischen Techniken dar, um Propaganda zu erzeugen:
- Kontinuierliche Kommunikation. Diese ist daran erkennbar, dass ein Thema möglichst ununterbrochen auf möglichst vielen Medienkanälen platziert wird.
- Dramatisierung durch Hervorhebung. Diese Technik erkennt man daran, dass Einzelschicksale oder Einzelinformationen emotional hervorgehoben werden ohne dass ein konkreter Gesamtbezug zur eigentlichen Thematik erkennbar ist (z.B.: einzelne Krankheitsgeschichten bei einer kaum verbreiteten Krankheit, negative Darstellung individueller Eigenheiten von Einzelpersonen oder Gruppen, um diese negativ zu emotionalisieren etc.).
Beides sind großartige Werkzeuge, sich selbstdenkend mit medialen Angeboten auseinanderzusetzen, gerade, wenn es darum geht, unpopuläre Maßnahmen wie Krieg oder harte wirtschaftliche Sanktionen gegen andere Staaten für die Massen akzeptabel zu machen.
Was die Public Relations zu Kriegszeiten betrifft, geht Anne Morelli mit ihrem Buch “Die Prinzipien der Kriegspropaganda” im Geiste des Pazifisten Arthur Lord Ponsonby noch weiter. Hier ihre vor allem von Ponsonby extrahierten Punkte als geistiger Wetzstahl:
- Wir wollen den Krieg nicht.
- Allein das gegnerische Lager ist für den Krieg verantwortlich.
- Der Führer des gegnerischen Lagers hat das Aussehen eines Unmenschen, er ist der Buhmann oder „Bösewicht vom Dienst“.
- Wir verteidigen eine gute Sache und keine Eigeninteressen.
- Der Feind begeht wissentlich Gräueltaten; wenn wir einen Fehler machen, geschieht dies unabsichtlich.
- Der Feind benutzt unerlaubte Waffen.
- Wir erleiden nur geringe Verluste; die Verluste des Feindes sind riesig.
- Die Künstler und Intellektuellen unterstützen unsere Sache.
- Unser Anliegen hat etwas Heiliges.
- Wer unsere Propaganda in Frage stellt, ist ein Verräter.
Lesen. Wirkenlassen. Dann das mediale Geschehen reflektieren.
Und: immer in der Liebe bleiben 🙂